Der Versuch einer Beurteilung.
Der Online-Handel ist schon lange ein fester Bestandteil des Einkaufsverhaltens von Käufern. Er umfasst alle Bereiche der Konsumartikel wie Mode, Kosmetik, Haushaltswaren, Elektroartikel und Möbel. Der in Deutschland betriebene E-Commerce macht es dem Kunden einfach, eine Kollektion des Warenangebotes in deren Zuhause senden zu lassen, die Artikel dann nicht im Geschäft, sondern in den eigenen Räumen wirken zu lassen und dann den Artikel zurück auf die Stange oder das Regal… Pardon, zurück zum Händler zu senden. Ein teilweise eingeräumtes Rückgaberecht von 100 Tagen lässt den Kunden beim Online-Shopping noch mehr entspannen, Retourenlabel liegen oft schon verführerisch anbei. Das darf man durchaus kritisch sehen, insbesondere da auch ökologisch denkende Kunden mitleiden.
Doch nicht alles darf nach der Rücksendung weiterverkauft werden oder wird nicht originalverpackt vom nächsten Kunden akzeptiert. Manche Produkte sind auch zu günstig, daß es sich ökonomisch für den Händler nicht lohnt, sie einer Prozedur für den Weiterverkauf zuzuführen. So landen etwa 17 Millionen Retourenartikel, das sind 1,3 % der Rücksendungen direkt im Müll, vielleicht nur einmal kurz anprobiert oder eingeschaltet, die Hälfte wird als defekt deklariert. Bei rund 1 Million von Produkten schreibt der Marken- oder Patentinhaber die Entsorgung vor. Mit 70 % aller Rücksendungen sind hier Kleidungsstücke und Modeartikel ganz hoch im Kurs. Recht gleichverteilt sind da noch die anderen Rubriken wie Unterhaltungs-, Freizeit-, Einrichtungs-, Haushaltsartikel und sonstiges in der Größenordnung 5 %. Nicht nur, dass die materiellen Ressourcen verschwendet werden, man darf auch sehen, dass irgendwo weit weg von uns sich Menschen für wenig Lohn anschicken, diese Artikel herzustellen und auszuliefern. Diese Arbeiten waren sinnfrei. Manche dieser insgesamt 17 Millionen Rücksendungen werden gespendet oder, sofern die Gewinnmargen lukrativ sind, doch zu 93 % neuwertig weiterverkauft. Man findet Zahlen, dass die Entsorgung eines Produktes durchschnittlich rund 85 ct kostet, sofern der Warenwert unter 15 Euro liegt. So wird es offensichtlich, warum so viele Rücksendungen weggeworfen werden. Es wird vermutet, dass von den 17 Millionen zu entsorgenden Rückläufern 40 % spenden geeignet wären, was immerhin fast 7 Millionen Produkte entspräche. Man muss hier aber auch anmerken, dass der Gesetzgeber die Abfuhr der Mehrwertsteuer verlangt, somit dem Händler eine weitere finanzielle Einbuße zu der erforderlichen Logistik entsteht.
Es werden Anreize überlegt, um die Rücksendungen und die daraus resultierenden nachteiligen Folgen, also Ressourcenvernichtung, CO2-Bilanz (etwa 795 Tsd. Tonnen, ein Äquivalent von 340 Millionen Litern Benzin oder 8530 gefüllten Tanklastzügen), etc. zu mindern oder zu steuern. Eine Statistik besagt, dass überhaupt nur 3,5 % der Händler sich faktisch im Klaren über den CO2-Verbrauch der Rücksendungen sind. Die sinnvolle Umsetzung so einer Strategie gestaltet sich schwierig, da sie auch überprüfbar sein muss, letztlich auch bezahlbar. Was der Kunde oft nicht sieht, durch die ausgewiesen kostenfreie Rücksendung entstehen Unkosten von etwa 7 Euro, das enthält Porto und Bearbeitungsgebühren. Da der Verkäufer diese Summe natürlich nicht aus der eigenen Kasse bezahlt, werden diese Kosten auf alle Kunden umgelegt. Jedenfalls gilt das für die rund 89 % der deutschen Händler, die einen kostenneutralen Rückversand anbieten. Im Ausland sieht es etwas anders aus, dort legen nur 52 % der Händler ein kostenfreies Retourenlabel anbei, 30 % verlangen vom Kunden entweder volle Kostenübernahme oder zu 18 % eine Gebühr. Diese Summe wird mit 5 Milliarden Euro abgeschätzt.
Die in einer Studie der Universität Bamberg für eine Statistik herangezogenen Daten aus 2020/21 umfassen einen Umsatz aus dem statistisch befragten Online-Handel von 59 Milliarden Euro, von denen 1,25 Milliarden Pakete versendet und retourniert wurden. Laut der IFH Köln und Statista betrug der E-Commerce-Umsatz in Deutschland 73 Milliarden Euro. Somit erscheinen die ermittelten Daten als belastbar.
Korrekte Zitation der Studie Asdecker, B./Felch, V./Karl, D. (2022): "European Return-o-Meter - Ergebnisbericht Teil 1: Deutschland vs. Rest-EU", Forschungsgruppe Retourenmanagement, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, S. 1-82.