Damals wusste ich nichts mit so einer Adresse anzufangen, zu einer Zeit, wo es noch nicht normal war, ein Telefon bei sich zuhause zu haben, man musste sich zum Produkt hinbegeben, damit man es zu sich nach Hause bekam, das galt übrigens bis auf die Kohlen fuer die Heizung fuer alles andere auch. Ich war noch ein kleiner Junge, als mir Spock und Captain Kirk die Zukunft erklärt haben. Ist man als Vierjähriger verwundert, dass das Handy erst 20 Jahre später so wirklich einsatzfähig und verfügbar wird? Oder das der Replikator irgendwann beispielsweise Amazon heisst?
Jedenfalls damals war es fuer mich immer etwas besonderes, mit meinen Eltern in die große Nachbarstadt zum Einkaufen zu fahren, oder ich ging während einem Besuch bei meinen Großeltern aus dieser Nachbarstadt mit meinem Opa in die Innenstadt. Dort am Kornmarkt 7 war das Zentrum der Glückseligkeit, Roskothen, ein begehbares riesiges Kaufhaus voll mit Spielwaren und nichts als Spielwaren. Von maßstäblichen Babypuppen für die ganz Kleinen über die noch heute berühmten Steiff Artikel und viele speziellere Produkte für die älteren und die erwachsenen Kinder. Ich bin mir sicher, dass man sagen darf, dass alles zu verkaufende Spielzeug hier fuer die neugierigen Hände und Augen auf 900 qm bereit stand. Es gab Verkäufer, die ihr ganzes Berufsleben dort verbracht haben, so dass es immer zufriedenstellende Lösungen gab. Da meine Eltern oft ihre Einkäufe zu erledigen hatten, blieb nicht immer Zeit, um Roskothen aufzusuchen. Man musste sich schon vorher überlegen, was man sich angucken wollte, weil zum Durchschlendern war das Geschäft mit seinen sechs Etagen einfach zu groß.
Zur Weihnachtszeit, was nicht wundert, war der Laden auch voller Kunden. Man brauchte in dieser Zeit Geduld, bis einer der vielen Verkäufer Zeit für einen selbst hatte. So blieb es dann an den Tagen, wo es nicht genug Zeit gab, um den Laden zu betreten, bei dem verzauberndem Blick in die vielen Schaufenster des Eckhauses. Es war damals so selbstverständlich, die kunstvollen Arbeiten der ausgebildeten Schaufensterdekorateure anzuschauen. Und die hatten viel zu tun, denn im Erdgeschoss gab es sechs große Schaufenster zu gestalten, und in dem ersten Obergeschoss nochmals acht fuer die groesseren Spielsachen, die man vom Trottoir aus über sich bewundern konnte. Gerade jetzt zur Weihnachtszeit, die Einkaufsstraßen waren mit vielen Lichterdekorationen geschmückt, jedes Jahr gab es ein Motto für die Lichtbilder. Und so paßten die hell erleuchteten Schaufenster zu den Essener Lichtwochen.
Wie es wohl bei vielen passiert, kommt eine Zeitspanne im Leben, wo neue Spielwaren uninteressant werden. Völlig andere Interessen treten in den Vordergrund. Doch dann kommt bei vielen wieder die Phase, das auflebende Interesse an Spielwaren. Bei mir war es so, dass sich inzwischen diese Welt verändert hat, die grossen Spielwarengeschaefte waren weg, ein unwiederbringlicher Verlust, solche Weihnachten, nicht mehr erlebbar, nur in den Erinnerungen. Heute sehe ich junge Leute in die heutigen Spielwarengeschäfte gehen, und ich stelle mir vor, sie fuer einen Moment in meine alte Welt mitnehmen zu können…